Bewusster leben mit Natürlicher Familienplanung

Natürliche Methoden der Familienplanung liegen im Trend. Immer mehr Paare suchen nach Alternativen im Verhütungsbereich. Sie suchen sichere Methoden, die ohne Nebenwirkungen, gesundheitlich unbedenklich sind und die ihnen Wissen über die eigene Fruchtbarkeit ermöglichen.

Die natürliche Familienplanung (NFP) ist eine Möglichkeit der Verhütung, die diesem Anspruch gerecht wird. Durch sie können Frauen und Paare Informationen über die Abläufe im eigenen Körper und die gemeinsame Fruchtbarkeit erfahren. Daneben handelt es sich um eine Verhütungsmethode, die mindestens so sicher ist wie die Pille. Denn Begleitstudien an der Universität Düsseldorf zeigen, dass der Pearl-Index für die Methodensicherheit weit unter 1 liegt. Die Methodensicherheit gibt Aufschluss darüber, welche Sicherheit unter optimalen Umständen erreicht werden kann. Aber auch die Gebrauchssicherheit, mit der man abschätzen kann, welche Sicherheit unter Alltagsbedingungen zu erwarten ist, ist mit Pearl-Indexzahlen zwischen 2 und 3 nicht viel schlechter.

Wie funktioniert NFP?

Wenn eine Frau regelmäßig jeden Morgen nach dem Aufwachen und vor dem Aufstehen ihre Körpertemperatur misst, stellt sie fest, dass es im Laufe eines Zyklus zwei Temperatur-Niveaus gibt. Vor dem Eisprung ist die Temperaturlage etwas niedriger. Um den Eisprung herum steigt sie erkennbar an. Diese Beobachtung ermöglicht es, den Beginn der unfruchtbaren Zeit nach dem Eisprung sicher festzulegen. Drüsen im Gebarmutterhals (Zervix) bilden im Laufe des Zyklus Schleim von wechselnder Qualität und Menge. Im allgemeinen wird eine Frau den Zervixschleim erst einige Tage nach der Monatsblutung wahrnehmen. Zunächst ist er dicklich-zäh, teils klebrig-cremig und oft weißlich gefärbt. Je näher der Eisprung rückt, um so reichlicher und flüssiger wird der Zervixschleim und gleichzeitig klarer – fast wie Eiweiß. Dann hat er jene Beschaffenheit, die es den Samenzellen ermöglicht, durch ihn hindurch zur Eizelle vorzudringen und auch einige Tage in der Gebärmutter zu überleben. Nach dem  Eisprung dickt der Zervixschleim ein, verschließt pfropfenartig den Muttermund und wird für die Samenzellen wieder undurchdringbar.
Jede Frau kann diesen Vorgang beobachten. Wenn in der furchtbaren Phase reichlich Schleim die Scheidenwände hinabfließt, entsteht im Scheidenbereich ein nasses Gefühl. Beim Abtupfen der Scheide sieht eine Frau, wie der Schleim beschaffen ist und welche Farbe er hat. Auch am Muttermund erkennt eine Frau den Wechsel ihrer Fruchtbarkeit: Im Laufe ihres Zyklus kann eine Frau durch regelmäßiges Abtasten meist deutlich feststellen, wie sich die Lage und Festigkeit des Gebärmutterhalses und Öffnung des Muttermundes verändern. Diese Selbstuntersuchung ist für das Erkennen der fruchtbaren und unfruchtbaren Tage nicht in jedem Fall erforderlich. Sie kann aber in manchen Situationen – wie in den Wechseljahren oder nach der Geburt eines Kindes – eine zusätzliche Hilfe sein. Diese Kombination in der Beobachtung von Symptomen (Zervixschleim, Muttermund) und der Körpertemperatur gibt der NFP-Methode auch ihren Namen: sympto-thermale Methode.

Genaue Beobachtung erforderlich

Damit die Frau die Symptome miteinander in Beziehung setzen kann und auch eine Übersicht darüber bekommt, wie sich ihre Fruchtbarkeitszeichen im Laufe eines Zyklus verändern, trägt sie die Beobachtungen in ein Zyklustagebuch, das so genannte Zyklusblatt, ein. Weitere Beobachtungen wie Ödeme, Hautveränderungen, aber auch Stimmungsschwankungen und freudige wie belastende Situationen (Freude, Feier, Stress, Reisen, kranke Kinder) werden ebenfalls in diesem Zyklustagebuch festgehalten. Mit Hilfe dieser Körperzeichen ist dann die Frau bereits im ersten Beobachtungszyklus in der Lage, ihre fruchtbare Phase nach einem einfachen Regelwerk sicher zu definieren. So kann sie eine Schwangerschaft gezielt anstreben oder bewusst vermeiden, je nachdem, ob sie in der fruchtbaren Zeit Verkehr hat oder nicht.
Je länger sie die NFP anwendet, um so routinierter wird sie mit der Methode. Sie weiß, wie sich Urlaub oder Stress auf ihre Temperatur auswirken und kann selbst bei Schichtarbeit ihren Zyklus zuverlässig beobachten und ihre fruchtbaren Tage präzise bestimmen. Die Erfahrung zeigt, dass viele Frauen mit der Zeit schon fast „intuitiv“ ihre fruchtbare Zeit erfassen und von daher die Dokumentation ihrer täglichen Beobachtungen auf den engen Zeitraum der fruchtbaren Phase konzentrieren.

Welche Faktoren beeinflussen die Sicherheit?

Die Sicherheit der NFP ist in der hohen Masse vom Verhalten des Paares abhängig. Die meisten unbeabsichtigten Schwangerschaften entstehen dadurch, dass das Paar sich nicht an die Regeln hält und wissentlich in der fruchtbaren Zeit Verkehr hat. Die Wahrscheinlichkeit steigt umso rascher an, je näher der Eisprung rückt. Nach dem Eisprung fällt die Empfängniswahrscheinlickeit rasch wieder ab und ist in der Temperaturhochlage praktisch gleich null.

Die Kriterien für eine sichere Anwendung sind:

  • Einhalten der Regeln
  • Motivation der Partner (Kinderwunsch: ja oder nein)
  • Richtige Auswertung der Zyklen
  • Gute Beratung und/ oder gute Lektüre

Ganz besonders wichtig aber ist, dass die fruchtbare Zeit richtig bestimmt wird.

Ausgebildete Beraterinnen

Die Arbeitsgruppe NFP hat inzwischen über 800 BeraterInnen ausgebildet, die Frauen und Paare in der NFP schulen und beraten können. Sie werden in einjährigen Ausbildungsgängen nach einem festen, unter wissenschaftlicher Begleitung entwickelten Schema unterrichtet. Überwiegend handelt es sich um medizinische Laien, die in diesen Ausbildungskursen geschult werden. Der Anteil der Ärzte, Hebammen und Krankenschwestern liegt derzeit bei etwa 25 Prozent. Für diese Berufsgruppen gibt es eine eigene Ausbildung, die sich stark an den speziellen Bedürfnissen des klinischen Alltags orientiert. Für die Hebammen liegt der Schwerpunkt dabei in der postpartalen Situation und erfolgt unter der Fragestellung: Welche Beratung sollte eine Frau, die entbunden hat (stillend oder nicht stillen) erhalten, damit sie mehr über die wieder einsetzende Fruchtbarkeit weiß und den Zeitpunkt kennt, ab wann sie wieder verhüten muss? Ergänzend geht es aber auch um allgemeine Beratung in Sachen Familienplanung und die Arbeit mit jungen Mädchen und Frauen.

Kompetenz der Frau gestärkt

Mit Hilfe verschiedener Forschungsprojekte ist es der Arbeitsgruppe NFP gelungen, alte Zöpfe abzuschneiden und Vorurteile abzubauen. Es stimmt eben nicht, dass eine Frau, die natürlich verhütet, mit den Hühnern ins Bett gehen und immer pünktlich aufstehen muss, im Schlaf nicht gestört werden, keine Feste feiern, nicht verreisen, keinen Stress haben und nicht krank werden darf. Das Lehr- und Lernprogramm, das heute über Bücher und Beratungen zum Thema NFP angeboten wird, ermöglicht eine individuelle Adaptierung der Methode an die persönliche Lebenssituation und den persönlichen Zyklus, so dass nach drei Lernzyklen jede Frau kompetent über ihre eigene Fruchtbarkeit Auskunft geben und vor allem selbstverantwortlich darüber entscheiden kann, ob sie nun schwanger werden will oder auch nicht.

NFP in der Kinderwunschsituation

Gerade in einer Kinderwunschsituation ist die NFP eine gute Ausgangsbasis, um schwanger zu werden. Sie kann aber auch als Grundlage für später eventuell notwendige ärztliche Konsultationen dienen. Dank der Selbstbeobachtung kann die Frau ihre hochempfängnisfähigen Tage selbst bestimmen und erkennen, ob ein Eisprung regelmäßig stattfindet, ob die Gelbkörperphase ausreichend lang ist und auch die übrigen Rahmenbedingungen, wie ausreichende Zervixschleimsekretion, stimmen. Darüber hinaus kann sie bei eingetretener Schwangerschaft präzise ihren zu erwartenden Entbindungstermin errechnen, da sie nicht nur die letzte Blutung, sondern vor allem auch den Konzeptionszeitraum kennt.

Neue Technologien auf dem Prüfstand

Eine Entwicklung, die in den letzen Jahren das Interesse an natürlichen Methoden sehr befördert hat, sind die so genannten neuen Technologien. Es gibt Temperaturcomputer, Hormoncomputer und auch so genannte Schleim-Mikroskope, die allerdings in ihrer Sicherheit sehr fragwürdig sind. Die Temperaturcomputer bieten, je nach Fabrikat, den Frauen sehr viel Bedienungskomfort bei guter Sicherheit und assistieren ihnen in der Zyklusbeobachtung und Auswertung.

Das Forschungszentrum NFP an der Universität Düsseldorf hat im Jahr 2000 acht Fabrikate von Zyklustestern und Methoden unter gleichen Konditionen untersucht. Es handelte sich neben der NFP um Temperaturcomputer, Hormoncomputer und Schleim-Mikroskope (Bioself, Cyclotest 2 Plus, Maybe Baby, Babycomp, Persona, PG 53; PC 2000). Getestet wurde, ob das Gerät die fruchtbare Phase sicher anzeigt, ob die hochfruchtbare Phase separat angezeigt wird und wie lange der Zeitraum vor und nach der fruchtbaren Phase ist. Aus den klinisch gesunden Testpersonen (alle im Alter zwischen 19 und 45 Jahren und ohne Erfahrung mit den zu prüfenden Systemen) wurden vier Gruppen zu je 15 Frauen gebildet. Die Testpersonen wandten jedes System ohne geplante Unterbrechung während sieben bis acht Zyklen an. Der siebte Zyklus war dabei der Überwachungszyklus. Bezogen wurden die Angaben der Geräte auf sogenannte Kontrollzyklen, in denen die zu erwartende Ovulation mittels Bestimmung des LH-peaks im Urin und des maximalen Follikeldurchmessers, gemessen mittels Ultraschall über die Scheide, ermittelt wurde.
Hinsichtlich der Sicherheit ergab sich folgende Reihenfolge: Am sichersten war die NFP, gefolgt von den Temperaturcomputern, sodann den Hormoncomputern. An letzter Stelle standen die Schleim-Mikroskope. Für den Fall, dass die Frau nicht schwanger werden möchte, wird von den Geräten unterschiedlich lange Abstinenz gefordert: Die kürzeste Abstinenzzeit forderte Bioself, die längste PC 2000, im Mittelfeld lag die NFP. An nur vier Geräten ist die hochfruchtbare Zeit abzulesen: Babycomp, Cyclotest, Bioself und Persona. Dabei hatten Persona und Cyclotest den kurzen hochfruchtbaren Zeitraum am häufigsten richtig angezeigt.

Zukunftsvision

Die Arbeitsgruppe NFP geht davon aus, dass in den kommenden Jahren ein stärkerer Akzent auf der Online-Beratung liegen wird, so dass viele der NFP-BeraterInnen nicht wie bisher ihre Klienten persönlich treffen, sondern ihnen via Datenautobahn Beratung angedeihen lassen. Parallel dazu werden sicherlich mehr und mehr Frauen die professionell tätigen BeraterInnen aufsuchen, unter anderem Ärzte und Hebammen und dort konkrete Beratung zu ihrem individuellen Zyklus nachfragen.

Dies ist auch eine Chance für das Gesundheitssystem, das Körperbewusstsein zu fördern, nicht nur im Interesse von Familienplanung, sondern auch zur Stärkung und Stabilisierung der Compliance. Denn nur diejenigen, die über ihren eigenen Körper informiert sind, können letztlich auch in den verschiedensten Gesundheits- oder Krankheitssituationen selbstverantwortlich mitentscheiden und sind ärztlicher oder der Unterstützung durch Hebammen besser zugänglich.

Malteser Arbeitsgruppe Natürliche Familienplanung

Die Malteser Arbeitsgruppe NFP (Natürliche Familienplanung) mit Sitz in Köln bietet seit über 20 Jahren qualifizierte Informationen und Beratungen in diesem Bereich an. 1981 gegründet, hat sie in den späten 80er Jahren mit Unterstützung des Bundesfamilienministeriums die natürliche Methode gesucht, entwickelt und evaluiert, die mittlerweile in Deutschland allgemein unter der Abkürzung NFP weiterempfohlen wird.

Zu den Aufgaben der Arbeitsgruppe NFP gehört, neben der Verbreitung des Wissens um die NFP die Kooperation mit Fachleuten wie Ärzten, Hebammen, Krankenschwestern und auch mit Universitäten.

Im Internet ist die Arbeitsgruppe zu finden unter:
www.nfp-online.de

Petra Klann, Dr. Ursula Sottong